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Schulterinstabilitäten: Luxationen und Läsionen

Aktualisiert: 24. Jan. 2023


Unter einer Schulterinstabilität versteht man eine Verletzung der Weichteile oder des Knochens der Schulter, die eine Verschiebung ((Sub-)luxation) des Oberarmkopfes (Caput humeri) aus der Schultergelenkspfanne (Cavitas glenoidale) verursacht.

Die Schulterluxation ist die häufigste Gelenksluxation überhaupt. Die höchste Vorkommensrate bei männlichen Patienten ist im Alter von 16 bis 20 Jahren und bei weiblichen im Alter von 61 bis 70 Jahren. Über 95% der Instabilitätsereignisse in der Schulter treten in vorderer Richtung auf.

Häufig bringt man direkte Traumen durch Kontaktsportarten mit Luxationen oder Subluxationen in Verbindung, es kann jedoch auch durch wiederholte Microtraumen, beispielsweise durch starke Beanspruchung bei Überkopfsportarten zu Verletzungen kommen.


Die Anatomie des Schultergelenks

Das Schultergelenk (Glenohumeralgelenk) ist als Kugelgelenk das beweglichste Gelenk im Körper, gleichzeitig ist sie allerdings auch das inhärent instabilste, was bedeutet sie muss auch in allen Winkeln stabil sein.


Die Gelenkpfanne (Cavitas glenoidalis) ist im Verhältnis zum Gelenkpartner, dem Schulterkopf (Caput humeri) sehr viel kleiner. Anders als bei der Hüfte, wird der Schulterkopf nicht umschlossen sondern wird muskulär und durch Bandstrukturen gesichert, was auf der einen Seite zwar komplexe und raumgreifende Bewegungen in mehreren Ebenen zulässt, knöchern aber so auch nicht fixiert ist. Dazu kommt, dass die Gelenkfläche nach der Schwerkraft ausgerichtet ist. Somit ist die Schulter einerseits prädestiniert einen hohen Kraftaufwand in mehreren Ebenen, sollte hierzu aber auch durch starke Muskulatur geschützt werden.



Traumatisch / Atraumatisch

In der Literatur wird zwischen traumatischen und atraumatischen Schulterinstabilitäten unterschieden.

Wenn ein Schultergelenk durch äußere Krafteinwirkung (Wie einen Unfall) auskugelt, nennt man das traumatische Luxation. Wie oben schon erwähnt, wird die Schulter durch Muskulatur und bandhafte Strukturen gehalten - werden diese durch eine Außeneinwirkung (Trauma) verletzt, kann es entweder zu einer Zerrung oder sogar ein (Teil-) Rissen kommen. Bei Rissen kann eine OP notwendig sein. Eine anschließende Reha ist enorm wichtig, um das Risiko von zukünftigen Instabilitäten und weiteren Schäden zu senken.


Es kann jedoch auch ohne direkte Gewalteinwirkung von außen zu einer Schulterinstabilität kommen. Wie bereits oben erwähnt können wiederholte Microtraumen eine Instabilität begünstigen und sich auch ohne (Sub- Luxationen) subtil äußern.


Bei der nicht- traumatischen (angeborenen) Schulterinstabilität sind die passiven Stabilisatoren des Schultergelenks zu schwach (lax), sodass der Oberarmkopf zu viel Spiel in allen Richtungen hat (z.B. bei Kapselbandschwäche). Dadurch kann die Schulter auch ohne große Gewalteinwirkung auskugeln oder sich leichter verschieben.



Wichtige Begriffe der Schulterinstabilitäten:

Luxation: Vollständiger Verlust des Kontakts zwischen den Gelenkflächen, der ein Repositionsmanöver zur Wiederherstellung der normalen Anatomie erfordert. Dies kann akut (zum ersten Mal), rezidivierend (jedes nachfolgende Ereignis) oder persistent (arretiert) sein.

Subluxation: Teilweiser Verlust des Kontakts zwischen den Gelenkflächen.

Schulterinstabilität: Normale Bewegungen des Oberarmkopfes führen zu einer Subluxation oder Dislokation (Verschiebung) aus der Schultergelenkspfanne. Dies kann mit unterschiedlich starken Schmerzen verbunden sein.

Laxität (Schlaffheit) des Schultergelenks: Asymptomatische Bewegung des Oberarmkopfes auf der Schultergelenkspfanne am oberen Ende des normalen Bereiches.


Wie Schulterinstabilitäten eingeteilt werden:

Eine gängige Einteilung von Schulterinstabilitäten ist die Stanmore - Klassifikation (Bateman, Jaiswal & Taube, 2018)


Das Stanmore-Klassifikationssystem beschreiben drei Arten von Schulterinstabilitäten die die strukturellen und nicht-strukturellen Komponenten unterscheiden und aus 3 Hauptuntergruppen bestehen. Das Konzept der Instabilität, das durch eine Kombination von strukturellen (traumatischen und atraumatischen) und neurologischen Systemstörungen verursacht wird, hat zur Klassifizierung der Instabilität geführt. Das Besondere an dieser Einteilung ist, dass sich die verschiedenen Polartypen im Verlauf entwickeln können. So kann aus einer Verletzung mit Ursache eine chronische Instabilität werden. Im Folgenden sind die drei verschiedenen Formen von Instabilitäten der Stanmore Klassifikation aufgeführt:



1. Polartyp I (Strukturinstabilität)

Traumatische Schulterluxationen sind die häufigsten Gelenkluxationen, in 97% der Fälle handelt es sich dabei um anteriore (nach vorn gerichtete) Luxationen. Diese sind meist mit einer Schwäche der Rotatorenmanschette verbunden. Globale Haltung und Schulterblattkontrolle sind bei den Patient:innen häufig auffällig. Wenn sich diese Patient:innen entweder auf den Typ-II- oder III-Pol zubewegen, zeigen sie Anzeichen einer schlechten Schulterblattkontrolle, einer abnormalen Muskelaktivierung, einer veränderten Rumpfstabilität und -balance, was auf eine nicht-strukturelle Komorbidität hinweist.


2. Polar Typ II (atraumatische Instabilität)

Patienten in dieser Gruppe regieren häufig auf anteriore Instabilitätstests mit Anzeichen einer Abwehrspannung, erhöhten Kapsellaxheit, einer übermäßigen externen Rotation und einem Sulcuszeichen. Es kann auch ein damit verbundenes glenohumerales internes Rotationsdefizit geben. Die pathologische vordere Translation des Gelenks innerhalb dieser Gruppe kann auf Dinge wie eine übermäßige Schulterdyskinese, enge hintere Kapsel oder eine Betroffenheit des Labrums (Gelenklippe) hindeuten.


3. Polartyp III

oder auch die "Party Trick" Gruppe. Betroffen sind hier meist Jüngere mit einer ausgesprochenen Laxität der Bänder, die ihre Schulter selbst auskugeln können. Die Muskuläre Ansteuerung der Schulterumliegenden Muskulatur ist hier stark eingeschränkt.




Rezidiviernde Schulterinstabilitäten

In einer systematischen Übersichtsarbeit von 1.324 Teilnehmern, die eine erstmalige traumatische vordere Schulterluxation erlitten hatten, beträgt die Rate der erneuten Instabilität 39%. Faktoren wie eine knöcherne Bankart-Läsion, eine Nervenlähmung und der Beruf könnte dies beeinflussen. Die Rate der wiederkehrenden Instabilität nahm mit zunehmender Zeit nach der ersten Luxation ab. Auch das Alter könnte eine entscheidende Rolle bei Rezidiven spielen. Im Gegensatz zu über 40Jährigen treten sie häufiger bei Jugendlichen auf. Das kann eventuell durch das Kollagenprofil des einkapselnden Schultergewebes erklärt werden. Mit jedem Jahrzehnt, das vergeht, produzieren Kollagen-produzierende Zellen weniger lösliches Kollagen (Typ III) und wandeln sich schrittweise in die Synthese eines unlöslichen, stabileren und zäheren Typ I Kollagens um. Dieses, sich im ganzen Körper verändernde Verhältnis ist so zuverlässig, dass das zeitliche Alter eines Individuums durch die Analyse des Kollagen Typ III gehalts einer Hautprobe mittels einer Gleichung bestimmt werden kann. Diese Beobachtung könnte erklären, warum Re-Luxationen bei jüngeren Menschen häufiger vorkommen. So ist bei einer bereits passierten Überdehnung eine muskuläre Sicherung und somit die sichere und stabile Schulterstütze von entscheidender Bedeutung um eine maximale sportliche Leistung nach einer Verletzung zu sichern.





Wichtige Präventive Maßnahmen:

  • Allgemeine Unfallverhütung

  • Adäquate Therapie der Erstluxation

  • Muskelaufbautraining

  • Koordinationstraining

  • Anpassen von beruflicher und sportlicher Belastung nach Erstluxation

  • Aufwärmen der Muskulatur

  • Optimale Ausrüstung beim Sport

Die Behandlung der Schulterluxation sollte über ein langfristig organisiertes Management erfolgen.

In der konervativen Therapie (PT) besteht die Behandlung hauptsächlich aus dem Training der Muskulatur der Rotatorenmanschette und der Schulterblattumliegenden Muskulatur. Eine Operation (Reparatur der Kapsel und des Labrums) hat eine niedrigere Rezidivrate von 16% nach Labrum Repair, 9% nach Labrum Repair mit Remplissage und 6% nach einer Knochen-Augmentation. Diese Ergebnisse beziehen sich meist auf Fälle, die schon mehrfach ein Rezidiv erlebt hatten.


Sollte immer operiert werden?

Das, was Patient:innen am meisten beschäftigt ist die Frage nach der anschließenden Versorgung nach der Verletzung. Die Antwort darauf sollte immer aufgrund der vielen verschiedenen individuellen Faktoren im Einzelfall betrachtet und in Absprache mit dem behandelnden Arzt getroffen werden.



Wie kann ich meine Schulter trainieren?

Bevor man eine Übungsauswahl trifft, ist es sinnvoll, sich mit dem behandelnden Therapeuten zu beraten.


Zu berücksichtigen sind vor allem folgende Punkte:

Wie ist die Symptomatik?

Wie ist die allgemeine Belastung?



Trainingssteuerung:

- Funktionelle Ziele

- Trainingsauswahl für Zielmuskulatur

- Trainingshäufigkeit

- Trainingsintensität

- Steigerungsschema der Übungen

- Regeneration und Erholungsgestaltung


Trainingsmöglichkeiten:

Folgt in Kürze ......




Quellen:


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